WIELAND GIEBEL - REISETAGEBUCH, SEITE 6
 
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Silopi, die Stadt an der Grenze zwischen der Türkei und irakisch Kurdistan, war viele Jahre Sperrgebiet. Man kam nur mit Sonderausweis rein. Erst seitdem die PKK mehr oder weniger geschlagen ist, hat sich die Situation geändert. Hier leben Menschen, die vom Handel über die Grenze, so oder so, etwas haben.

Der Zustand dieser Grenzbrücke zwischen beiden Ländern symbolisiert den Stand der gegensitigen Beziehungen: Schlaglöcher, Untiefen, Brücken.

Wie abgemacht kommt um acht Uhr jemand ins Hotel, „Brother Siggi?“ Yes. „Passport!“ Da war der Paß weg mit jemandem, den ich noch nie gesehen habe. Nach einigen Minuten kommt er zurück und hat Kopien vom Paß gemacht. Kein Tee morgens, keine Möglichkeit, einen Tee zu trinken, weil ich nicht weiß, wie es weitergeht. Nach einigen Minuten kommt er zurück, bedeutet mir mitzukommen und bringt mich an die nächste Straßenecke, wo sich der Chef des Taxiunternehmens auf englisch vorstellt, von dem ich bereits weiß und mit dem ich in Kontakt treten sollte. Englisch gibt es sonst hier nicht, können nur ganz wenige. Siggi hatte diesen Mann 1991 kennengelernt, als er den ersten Hilfskonvoi von Caritas nach irakisch Kurdistan brachte und dann ein Jahr auf irakischer Seite in Zakho lebte (eiskalt, Keronsinöfen aber keine Kerosin). Damals war türkisch Kurdistan Sperrgebiet. Die Amerikaner operieren und operierten von Diyarbakir aus.

Das Taxi jedenfalls bringt mich die 15 Kilometer in ein paar Minuten zur Grenze. Was ist tatsächlich die Grenze? Wir werden an mehreren Checkpoints durchgewunken, steigen dann aus, Paß vorzeigen, einen Zettel ausfüllen, kurz danach noch mal aussteigen, Paß zeigen. War das jetzt schon die kurdische Paßkontrolle? Es gibt einen Stempel, den richtigen Ausreisestempel. Dann geht es über eine Brücke, in Zustand nach Krieg, wie zerbombt, und auf der kurdischen Seite müssen wir wieder raus, diesmal den Paß abgeben und in einem kleinen Wartesaal Platz nehmen. Kaum sitzen wir, kommt jemand mit Tee. Alle wartenden erhalten ein Glas Tee. Die Abfertigung geht auch ziemlich schnell, vielleicht fünf Minuten. Wir fahren noch tanken, weil der Sprit hier kaum was kostet (aber mit Wasser und gelegentlich Schmutz versetzt ist oder Diesel, so daß Motoren kaputt gehen und man besser einen unempfindlicheren Diesel fährt).

Zakho, die Grenzstadt auf irakischer, kurdischer Seite. Die bäume rund um die Stadt wurden von Saddams Leuten abgeholzt, um die Lebensbedingen auszulöschen.

Alles neu, alles groß und schnell wachsend. Am Ende der Reise werden wir ein herrliches Mahl in einem Restaurant auf einem berg über der Stadt einnehmen.

Tankstelle aus Kanistern. Das ist preiswert, wie meist geklaut oder irgendwie abgezweigt, aber viele Motoren halten die Zusätze von Wasser oder Diesel nicht so gut aus.

Dann geht es weiter, aber nicht richtig, weil ich hier in den nächsten Wagen um gesetzt werde, in den BMW nach Arbil (oder Erbil, ERL als Flughafencode, das ist die gleiche Stadt, wegen der Transkription anders geschrieben. Ärbil wäre richtig, vielleicht). 50 Euro erhält der, der mich zur Grenze brachte, das ist bißchen (sehr) viel (richtig wäre 25 Dollar bis Zakho), 70 Euro der, der mich weiterfährt. Busse gibt es nicht, geht nur mit Taxi oder abgeholt werden. Da aber alles ganz gut organisiert ist und der Fahrer auf irakisch-kurdischer Seite genau instruiert ist und mich bis in Siggis Büro bringen soll, bin ich so sehr zufrieden. Vorher fotografieren wir beide ein Denkmal von Barzani senior, dem Freiheitskämpfer und Vater des heutigen Präsidenten.

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